Digitales Lernen gestalten
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Wie wir Informationen so gestalten, dass sie hängen bleiben
PowerPoint-Folien voller Text, Videos mit 40 Minuten Länge und ohne Unterbrechung, Bildmaterial, das in den 80ern schon „out“ waren – viele kennen diese Form des Lernens – und ebenso viele wissen, wie schwer es ist, sich danach an die Inhalte zu erinnern. Genau hier setzt die Forschung von Richard E. Mayer an, dessen „Cognitive Theory of Multimedia Learning“ (CTML) heute als Standard für digitales Lernen gilt. Seine Multimedia Learning Principles zeigen, wie man Lernmaterial so gestaltet, dass Lernende Informationen leichter aufnehmen und verarbeiten. 1 2.
Grundidee: Zwei Kanäle, begrenzte Kapazität
Menschen lernen besser, wenn Informationen über den visuellen UND auditiven Kanal vermittelt werden („Dual Coding“). Das Arbeitsgedächtnis ist begrenzt, besitzt aber separate Pfade für Bilder/Grafiken und für gesprochene Sprache. Zahlreiche Studien von Mayer und anderen belegen: Die Kombination von Bild und Ton ist meist effektiver als reine Textdarstellung 3. Entscheidend ist dabei nicht die Menge, sondern die kluge und kognitiv entlastende Gestaltung.
Zentrale Design-Prinzipien für wirksames, digitales Lernen
- Kohärenzprinzip: Alles Überflüssige – wie dekorative Bilder, Hintergrundmusik oder irrelevante Fakten – sollte entfernt werden. Ablenkungen schaden dem Lernerfolg.
- Signal-/Signalisierungsprinzip: Hervorhebungen (Pfeile, Farben, Markierungen) helfen, die Aufmerksamkeit gezielt auf das Wesentliche zu lenken.
- Kontiguitätsprinzip: Informationen, die zusammengehören (z. B. Text & Grafik), sollten räumlich und zeitlich eng präsentiert werden. So vermeiden Sie Split-Attention-Effekte und entlasten das Arbeitsgedächtnis.
- Modalitätsprinzip: Lernende verstehen Grafiken mit gesprochenem Text besser als Grafiken mit zusätzlichem geschriebenem Text – solange nicht zu viele Kanäle gleichzeitig überlasten.
- Redundanzprinzip: Gesprochener Text und identischer Text auf dem Bildschirm können das Arbeitsgedächtnis überlasten. Redundanz sollte vermieden werden – mit Ausnahmen: Für Anfänger, Sprachlernende oder bei eingeschränktem Zugang zu Ton kann Redundanz in Maßen hilfreich sein.
- Segmentierungsprinzip: Komplexe Inhalte sollten in kleinere, steuerbare Einheiten geteilt werden, die das individuelle Lerntempo ermöglichen.
- Personalisierungsprinzip: Verwenden Sie einen informellen, gesprochenen Stil (z. B. „Sie“ oder „Du“). Dieser Ansatz fördert das Lernen stärker als distanzierter Fachjargon.
- Vortraining: Frühzeitige Einführung zentraler Begriffe und Elemente erleichtert das Verständnis komplexerer Darstellungen.
- Interaktivitätsprinzip: Aktuelle Forschung bestätigt: Wer Videos, Simulationen oder Präsentationen selbst steuern, pausieren oder zurückspulen kann, verarbeitet die Inhalte nachhaltiger.
Typische Fehler und Praxistipps
- Bulletpoint-Overkill: Absätze mit vielen Aufzählungspunkten auf Slides überfordern statt zu helfen 4.
- Verwechslung von Dekoration und Didaktik: Bilder ohne Informationswert stören den Lernprozess 5.
- Vorlesen von Folien: Das gleichzeitige Präsentieren von gesprochenem und geschriebenem identischem Text (ohne zwingenden Grund) widerspricht dem Redundanzprinzip 6.
- Unsteuerbare Medien: Lange, nicht unterteilte Videos sind problematisch, da selbstgesteuertes Lernen effektiver ist.
Fazit
Multimedia Learning ist ein wissenschaftlich fundiertes Prinzip. Unsere Instruktionsdesigner bei breed.design nutzen Mayers Erkenntnisse für unsere digitalen Lerndesigns und steigern damit nachweislich Verständnis und Behaltensleistung. Interaktive, segmentierte E-Learning-Module und klare Visualisierungen fördern nachhaltigen Lernerfolg.
Die Dos and Don’ts für die Gestaltung für digitales Lernen
Prinzip | Do ✅ | Don’t ❌ |
---|---|---|
Kohärenz | Nur lernrelevante Inhalte | Deko-Bilder, Musik, unnötige Fakten |
Signalisierung | Pfeile, Farben, Hervorhebungen | Wichtige Stellen unmarkiert lassen |
Kontiguität | Text direkt an Grafik, Erklärungen parallel | Fußnoten, getrennte Legenden, Zeitverzug |
Modalität | Grafik + Audio | Grafik + langer On-Screen-Text |
Redundanz | Entweder Audio oder Text | Gleicher Text gesprochen + geschrieben |
Segmentierung | Kurze, steuerbare Abschnitte | 30-Minuten-Video ohne Pause |
Personalisierung | Freundlicher, direkter Stil | Distanzierter Fachjargon |
Vortraining | Wichtige Begriffe vorab erklären | Sofort komplexe Darstellungen |
Steuerung | Pausen, Replay, interaktive Elemente | Keine Nutzerkontrolle |
- Mayer, R. E. (2021). Multimedia Learning (3rd Ed.). Cambridge University Press. ↩︎
- Mayer, R. E. & Fiorella, L. (2022). The Cambridge Handbook of Multimedia Learning (2nd Ed.). ↩︎
- Moreno, R. & Mayer, R. E. (2002). Verbal Redundancy in Multimedia Learning: When Reading Helps Listening. Journal of Educational Psychology, 94(1), 156–163. ↩︎
- Clark, R.C. & Mayer, R.E. (2016) E-Learning and the Science of Instruction. Wiley. ↩︎
- Cambridge University Press (2020). Multimedia Learning online (Kapitel „Interactivity“) ↩︎
- Yue, C. L., Bjork, E. L., & Bjork, R. A. (2013). Reducing verbal redundancy in multimedia learning. Applied Cognitive Psychology, 27(5), 689–698. ↩︎